SPL: National- und Rotweiss Thun-Akteurin Noelle Frey kündigt Abschied an

Karriereende ist ein grosses Wort für Noëlle Frey. Auf dem Hallenboden sitzend, an ihrem aktuellen „Zweitwohnsitz“, der Gotthelfhalle in Thun, an einem Trainingsdonnerstag beim DHB Rotweiss Thun, hat sie ein breites Grinsen aufgelegt, als wir sie auf ihr neues Kapitel ansprechen. ‚Mit einem lachenden und einem weinenden Auge‘ war nie passender als die Beschreibung auf Noëlles Trennung von ihrer grössten Leidenschaft. 

Handball war bis jetzt der Mittelpunkt in meinem Leben

(Noelle Frey)

Reiten, Unihockey, Leichtathletik, Volleyball und Ballett, die sportbegeisterte Aargauerin hat verhältnismässig spät zu ihrer Passion gefunden. Ihre ersten Berührungspunkte mit dem Handballsport hatte Noëlle mit 11 Jahren bei einem Schülerturnier in Frick – und sicherlich durch den nicht zu unterschätzenden Einfluss ihrer grösseren Schwester, Rahel Frey. Das Interesse nach dem Turnier war da und die Verantwortlichen im Minihandball des TSV Frick haben schnell das Talent in Noëlle gesehen, die Anfragen und die Schweizer U18-Auswahl liessen nicht lange auf sich warten. Zunächst startete Noëlle auf der Rückraum-Position, machte beim TSV Frick ihre ersten Erfahrungen und Spiele. 

Nicole Dinkel (36jährig, ehemalige Schweizer Nationalspielerin) war es letztlich, die die damals sportlich gereifte 15jährige Noëlle fragte, ob sie nicht bei den SPONO Eagles in Nottwill zum Training kommen wollte. Eingeplant war sie für die NLB, bis der Trainer der NLA aus der höchsten Liga, auf Noëlle zukam und fragte: „Kannst du im Mittelblock decken und am Kreis spielen?“ Der SPONO-Kader für den Europa-Cup war dünn besetzt und selbstbewusst antwortete sie: „Klar, ich kann alles spielen! Kein Problem.“ Danach, so sagt sie schlussfolgernd, hat einfach „alles seinen Lauf genommen“ und Handball war fortan Nummer eins. 

Von Nottwill in die Bundesliga bis zum Schweizer Meistertitel

Handball, Handball, Handball. In ihrer Jugend, neben der Schule, der Lehre und dem fast täglichen Pendeln zur Sporthalle, gab es kaum mehr Luft für viele Freunde, Ausflüge oder weitere Hobbys. Noëlle war schon immer ehrgeizig, so war es ihr grosser Wunsch, einmal im Ausland zu leben und dort ihre Karriere voranzutreiben. Nach zwei Spielzeiten (2009 bis 2011) beim TV Zofingen, sollte dieser Traum auch in Erfüllung gehen: Mit 19 Jahren liess Noëlle ihren Freund und ihre Familie zurück und wechselte in die anspruchsvollere 1. Deutsche Bundesliga, zu HSG Blomberg-Lippe. Hier festigte sich ihre Kreisläuferin-Karriere. Ihre Strukturiertheit wird nicht nur im sportlichen Bereich sichtbar, auch abseits der Halle hat sie alles im Griff. Ihre Ausbildung als kaufmännische Angestellte hat sie in der Schweiz noch vollendet, bevor sie das „Abenteuer Bundesliga“ als Halbprofi anging. „Es war die richtige Entscheidung.“, sagt Noëlle nickend. „Der Stellenwert in Deutschland ist schon enorm höher. In unsere Halle in Blomberg hatten knapp 900 Personen Platz und bei Heimspielen waren alle besetzt.“ Nach vier Jahren, im Jahr 2015, endet das Kapitel Damenhandball-Bundesliga und es zog die Schweizerin wieder zurück in die Heimat. „Ich würde nicht sagen, dass es am Heimweh gelegen hat. Mir hat einfach mein Umfeld gefehlt. Als ich gesagt habe, dass ich zurück möchte, habe ich viele Anfragen aus der SPL1 erhalten. Auch Thun hatte mich damals schon angefragt, aber SPONO war damals der sportlich besser aufgestellte Club und auch meine kleine Schwester, Lisa Frey, die auch bei den SPONO Eagles gespielt hat, trug eine grosse Bedeutung für meine Entscheidung. Und der Trainer Urs Mühlethaler, er hat sicher auch seinen Teil dazu beigetragen.“, sagt sie schmunzelnd, anspielend auf die aktuelle Zusammenarbeit mit dem Trainer. Die Bestätigung folgte in Form des ersten Titels: In dieser Saison holte Noëlle mit ihrem Team die Schweizer Meisterschaft. 

Wer kann schon von sich behaupten, dass er gleichzeitig mit seinen zwei Schwestern bei einem Länderspiel auf dem Spielfeld war! (Lisa Frey)

Auslandsreisen waren weiterhin die Regel für die mittlerweile 29jährige Kreisläuferin. Zeitgleich mit ihrem Engagement bei HSG Blomberg-Lippe, debütierte Noëlle für die Schweizer Frauen-Nationalmannschaft. In 73 Spielen lief sie mit der roten Flagge und dem weissen Kreuz auf, in den kommenden Tagen folgt nun eine von zwei letzten Reisen mit dem verjüngten Team von Cheftrainer Martin Albertsen. Mitte März beginnt der Nati-Ausflug mit einem Lehrgang, im Anschluss folgen die WM-Qualifikationsspiele in Minsk. Auf die Frage, ob sie das Team vermissen wird, wird sie sentimental: „Mir wird sicher jede Einzelne der Mannschaft fehlen. Wir haben einen super Team-Spirit, auch neben dem Platz. Es war eine tolle Zeit.“  

Auch ihre kleinere Schwester, Lisa Frey, erinnert sich ein unvergessliches Ereignis in ihrer Spielzeit. Alle drei Frey-Schwestern haben gleichzeitig in der Nationalmannschaft gespielt: „Das war ein Lehrgang in Tschechien inkl. Länderspielen, natürlich werde ich den Moment nie vergessen.“ Mit „gesunder Härte“ beschreibt Noëlle den Umgang im Training untereinander. Die Eltern fanden das Miteinander besser als den Konkurrenzkampf in der Liga. Mussten die Frey-Schwestern in der Liga dann gegeneinander spielen, blieb der Vater fort. Er konnte sich die Zweikämpfe gegeneinander nicht mitanschauen und blieb der Halle oder dem Livestream fern. 

Thun hat mit offenen Armen gewartet

Ihre letzte Station bei DHB Rotweiss Thun war vorhersehbar. Keine Saison liess man aus, nicht wieder bei Noëlle anzuklopfen und das Interesse an einer Zusammenarbeit abzufragen. Die Wahl-Bernerin lacht: „Ich habe immer gesagt: Hört nicht auf, irgendwann komme ich dann schon zu euch!“

Mit der gestandenen Nationalspielerin und mittlerweile sehr erfahrenen Kreisläuferin konnte Rotweiss im Jahr 2017 stolz den Wunschtransfer vermelden. Noëlle Frey war ihrer Rolle in Thun sofort bewusst – und die Führungsspielerin-Stelle hat ihr viel Freude bereitet. „Diese Zeit hat mich vieles gelehrt. Der ganze Verein ist total familiär. Neben den zwei tollen Trainern mit Peter „Pesche“ Bachmann und Urs Mühlethaler hat es in Thun ein wunderbares Umfeld.“ 

Neugewonnene Zeit 

Durch den trainingsfreien Tag am Mittwoch, war es Noëlle im Zeitraum 2018 bis 2019 möglich, eine Weiterbildung umzusetzen. Hätte man Präsenzzeit am Wochenende gefordert, hätte es nicht funktioniert. Generell hat die gebürtige Aargauerin Ferientage der letzten 15 Jahre für Handball hingegeben, mehr als nachvollziehbar ist die Vorfreude auf die neugewonnene, freie Zeit ab Sommer. Beruflich möchte sich die 29jährige mit einem höheren Pensum einbringen, Weiterbildungen umsetzen und auch im Privatleben hat sie einige Pläne. Ganz oben auf der Liste steht die geplante Hochzeit mit ihrem Partner Valentin. Abschliessend meint sie, sie sei nicht der Typ, der grosse Reden schwingen würde, dennoch sieht man ihr die Verbundenheit und Dankbarkeit im Gespräch über die Zukunft wahrlich an, emotionsreich war das Schwelgen und Erinnerungen hervorrufen über die intensive sportliche Karriere. 

Der gesamte Verein DHB Rotweiss Thun freut sich für und mit Noëlle für die neue freie Zeit zum Ende der Saison, neue Ziele, Aufgaben und Erlebnisse und dankt für das starke Engagement im und für den Verein. 

Danke, Noëlle!

text: ag

Bildquelle: FargoMedia | www.fargomedia.ch

Über Noëlle Frey … 

Lisa Frey, Frisch Auf! Göppingen (Schwester): 

Eine unglaubliche Karriere geht zu Ende…
Alles hat beim TSV Frick angefangen als du dort bei den Mini’s das Handballspielen gelernt hast. 
Du warst für mich immer ein grosses Vorbild und nicht nur für mich, sondern auch für ganz viele junge Spielerinnen. Dein Einsatz, deine Einstellung und dein Wille war immer hochprofessionell! Ich und die Handball-Schweiz werden dich auf dem Spielfeld sehr vermissen!
Noëlle, ich wünsche dir alles Gute für dein Karriereende. Geniesse die neue, ungewöhnliche Freizeit zusammen mit Vali.
Ich freue mich auf alles was noch kommt!
Deine Schwester, Lisa

Ursula Haller, DHB Rotweiss Thun (Präsidentin): 

Als Vorbild und Führungsspielerin auf und neben Platz ging Noëlle bei Rotweiss Thun stets voran. Wir sind stolz, dass eine so professionelle Handballspielerin vier Jahre bei uns im Einsatz war. . Auch wenn wir ihren Abschied mehr als bedauern, wünschen wir ihr für ihr neues Kapitel im Leben von Herzen alles Gute und weiterhin viel Glück.

Urs Mühlethaler, DHB Rotweiss Thun (ehemaliger SPONO und aktueller Rotweiss Thun-Coach): 

Profi als Amateur

Ich war drei Jahre Trainer von Noëlle. In diesen ca. 400 Trainings musste Noëlle von mir nicht ein einziges Mal motiviert werden. Sie kommt und trainiert – professionell und seriös. Jeder Trainer wünscht sich Spielerinnen wie Noëlle in der Halle und auf dem Platz. Viele reden von Professionalität – Noëlle hat sie gelebt! Danke!

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